Freie Bühne Wendland
Die Tochter des Ganovenkönigs von Ad de Bont, eine Farce


Fr. 21.09.2018 um 20:00 Uhr
Kulturverein Plaatenlaase e. V.,
Platenlaase 15, 29479 Jameln

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Sind schlechte Eltern besser als gar keine? Vor dieser Frage steht nicht selten auch die Gesellschaft. Julchen, die 11-jährige Tochter des Ganovenkönigs, nimmt die Sache selbst in die Hand und beschließt, sich von ihren Eltern scheiden zu lassen. Grund dazu hat sie genug, denn vor lauter Geld- und Machtgier haben die Eltern jede Moral verloren.

Ein Märchenkrimi! Mit viel Spielwitz temporeich inszeniert.

Der Begriff 'Ganovenkönig' verrät bereits, dass diese schräge Geschichte nicht mit realen Maßstäben zu messen ist. "Komödie steht drauf", befanden die Macher*innen, "aber wir sagen mal Farce dazu. Und denken uns: Comic!" Damit sind die ironischen Gänsefüßchen gesetzt, die diese böse Geschichte auch für Heranwachsende erzählbar machen.

Dabei inszeniert die Freie Bühne Wendland das Stück, das 1998 den Deutschen Kindertheaterpreis erhielt, nicht explizit für eine spezielle Zielgruppe. "Unser Anliegen ist es nicht, Kindern das Verhalten von Erwachsenen zu erklären", sagt Co-Regisseurin Kerstin Wittstamm, "mit dieser Inszenierung möchten wir vor allem Erwachsenen zeigen, wozu Erwachsene fähig sind".

Um das zu sehen, müßte man eigentlich nur die Zeitung aufschlagen. Eltern, die ihre Kinder verkaufen - kaum zu glauben aber real. Das Theater bietet Möglichkeiten, Ungeheuerlichkeiten dieser Art etwas anderes als Fassungslosigkeit entgegenzusetzen. Schwarzer Humor und schräger Witz sind wie eine Lupe, die genaueres Hinsehen ermöglichen und dabei helfen, eine innere Erstarrung zu überwinden.

Ad de Bont, einer der meistgespielten Autoren in Europa, scheint mit dieser verwegenen Geschichte und ihren teilweise kruden Dialogen schon vor 20 Jahren geahnt zu haben, wie schnell Sprachverrohung z.B. in den sozialen Medien auch zu einer Verrohung des Alltags führen kann.

Das ist die Geschichte: Julchen ist die Tochter des schwerreichen Ganovenkönigs und seiner Frau. Von Elternliebe keine Spur, ganz im Gegenteil. Beide gehen äußerst ruppig mit ihr und ihrer alten Großmutter um. Sie kennen nur eins: Geld scheffeln um jeden Preis. Nichts ist ihnen heilig, Organhandel oder auch Kinderhandel gehen ihnen locker von der Hand. Wie es sich für einen richtigen König gehört, ist inzwischen alles was der Ganovenkönig besitzt aus Gold - alles, bis auf sein Herz. Das möchte ihm die Königin nun zu seinem 25-jährigen Dienstjubiläum schenken und beauftragt einen korrupten Kommissar mit der Suche. Julchen, die erkennbar so ein 'Goldenes Herz' hat, ahnt das Schlimmste. Wie weit werden ihre Eltern gehen? Schließlich sind schon ihre elf Geschwister verschwunden - angeblich in verschiedenen Internaten untergebracht. Spätestens als die Eltern Julchens alte Großmutter im Wald aussetzen, steht ihr Entschluß fest: sie will sich von ihnen scheiden lassen. Als sie einen Richter um Hilfe bittet, ahnt sie nicht, dass genau er es ist, der mit dem König über ihren Verkauf verhandelt. Ein Staatsdiener, der auch im Amt nur mit der Verfolgung eigener Interessen beschäftigt ist. „Wir leben in einem Rechtsstaat“, sagt er. „Da ist alles möglich.“ Man möchte nicken und verzweifeln. Nur gut, dass dies nichts ist als ein Märchen!

Zumindest für Julchen geht die Sache gut aus: am Ende kann sie ihre Geschwister befreien und auch die Großmutter zurückholen. Die Zuschauer werden trotzdem nicht in ein Happy-End entlassen. Das Ganovenkönigspaar wird zwar zum Tode verurteilt, aber es ist der urteilende Richter, der sich zum neuen König krönen lässt. Es ist also wie im richtigen Leben: Ende gut, aber längst nicht alles ist gut.

 Es spielen: Kerstin Wittstamm, Gero Wachholz, Ursula Pehlke, Marion Kollenrott, Carolin Serafin und Caspar Harlan. Regie führen Jeannette Arndt, Kerstin Wittstamm und Caspar Harlan. Ausstattung/Kostüme: Susanne Klingenberg, Produktion: Carmen Jopek.

Die Tochter des Ganovenkönigs
Die Tochter des Ganovenkönigs – © Ensemble