"Aber Kunst und Poesie erklären ja nicht die Welt, sie stellen sie dar. Sie brauchen nichts, was über sie hinausweist. Sie sind selbst ein Ziel. Ein gutes Gedicht ist nicht dazu da, die Welt zu verbessern – es ist selbst ein Stück verbesserte Welt, es braucht daher keine Botschaft. Dieses Hinausstarren auf die Botschaft (moralisch, religiös, praktisch, sozial usw.) ist eine unselige Erfindung der Literaturprofessoren und Essayisten, die sonst nicht wüssten, worüber sie schreiben und schwätzen sollten. Die Stücke Shakespeares, die Odyssee, Tausendundeine Nacht, der Don Quixote – die größten Werke der Literatur haben keine Botschaft. Sie beweisen oder widerlegen nichts. Sie sind etwas, wie ein Berg oder ein Meer oder eine tödliche Wüste oder ein Apfelbaum.“
MICHAEL ENDE: Brief an eine Leserin
Geteilt von Lara-Joy Bues, Vorständin LaFT Niedersachsen.
Adventliche Grüße aus der Geschäftsstelle von
Martina von Bargen, Uta Lorenz und Yara Eid
Foto: Laura Nyhuis via unsplash