Liebe Mitglieder,
in den Freien Darstellenden Künste werden überall im Land sinn- und gemeinschaftsstiftende Fragen verhandelt. Sie tragen dazu bei, dass Menschen trotz der vielen Risse, die die Gesellschaft aktuell durchziehen, im Dialog bleiben. Damit halten die Freien Darstellenden Künste unsere Demokratie lebendig.
Zur Demokratie gehört aber nicht nur der Austausch, sondern auch die direkte Beteiligung an freien Wahlen.
Die Bundestagswahl am Sonntag ist eine wesentliche Möglichkeit, die Kulturpolitik der kommenden Jahre mitzubestimmen: Bei dieser Wahl entscheiden wir darüber, ob es weiterhin verlässliche Partner*innen in der Bundespolitik für die Stärkung der Freien Darstellenden Künste gibt. Wir benötigen diese, um unsere Diskursräume zu erhalten, Kunstproduktion in den Freien Darstellenden Künsten zu gewährleisten, die Förderstrukturen zu verbessern und die Herausforderungen bei der sozialen Absicherung von Soloselbständigen zu lösen.
Deshalb appellieren wir an Euch: Geht wählen! Eure Stimme zählt!
Mit herzlichen Grüßen
Helge-Björn Meyer, Anna Steinkamp, Dr. Sandra Soltau
Geschäftsführung
Bundesverband Freie Darstellende Künste e.V.
Unser Wahlcheck Kultur: Kulturpolitik in der Bundestagswahl 2025
Welche kulturpolitischen Schwerpunkte setzen Parteien in der Bundestagswahl 2025? Wir haben uns die Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, AfD, LINKE, BSW und Volt angesehen und ihre kulturpolitischen Positionen verglichen.
Wo steht die Kultur?
Mit Ausnahme der FDP ist Kunst und Kultur in den hinteren Bereichen der Wahlprogramme angesiedelt, bei AfD und Volt ist es jeweils der letzte inhaltliche Punkt. Bei allen Parteien ist der Abschnitt zur Kultur eher kurz bis mittellang.
Auffällig ist die unterschiedliche Themenauswahl: Die CDU/CSU behandelt im Kulturkapitel ausführlich den Umgang mit Religionen sowie Heimataussiedlern, Spätaussiedlern und Vertriebenen. Für SPD, LINKE und Volt gehören Medien sowie Sport zur Kulturpolitik. Für die LINKE außerdem der Verbraucherschutz. Das BSW stellt seine Kulturpolitik unter die Überschrift „Medien und Kultur“ und befasst sich dementsprechend ausführlich mit der Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Medienvielfalt ist für die SPD neben dem Sport ein Thema der Kulturpolitik. Für die AfD sind „Brauchtum und Gedenken“ und „Schutz der Deutschen Sprache“ wesentliche Themen der Kulturpolitik.
Was ist Kultur?
CDU/CSU, SPD, FDP und AfD geben weitere Erläuterungen zu ihrem jeweiligen Kulturbegriff:
CDU/CSU und AfD nutzen den Begriff der Leitkultur, wobei die CDU/CSU diesen ausschließlich im Zusammenhang mit gesellschaftlichem Zusammenhalt nennt. Die AfD betitelt ihr Kapitel zur Kultur mit „Deutsche Leitkultur statt Multikulturalismus“ und erläutert ihren Leitkulturbegriff ausführlich.
SPD und FDP sprechen sich für einen breiten Kulturbegriff aus, der „Hoch-, Pop-, Sozio- und Subkultur gleichermaßen anerkennt“ (SPD) bzw. für eine „Aufhebung der Unterscheidung von E- und U-Kultur“ (FDP).
Kultur als Staatsziel? Kultur als Ministerium?
Dafür, Kultur als Staatsziel in die Verfassung aufzunehmen, sprechen sich SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, BSW und Volt in ihren Wahlprogrammen aus. Für eine Kulturministerium spricht sich keine der untersuchten Parteien im Wahlprogramm aus.
Bleibt die Kunst frei?
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, LINKE, BSW und Volt benennen die Erhaltung der Kunstfreiheit als eine politische Aufgabe.
Kultur für alle?
SPD, LINKE und Volt und benennen explizit, dass Kultur für alle zugänglich und bezahlbar sein sollte. SPD und Volt nennen auch die Förderung von Inklusion in der Kultur. CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Volt weisen in ihren Programmen darauf hin, dass auch im ländlichen Raum ausreichend Kulturangebote vorhanden sein müssen.
Stark für Kulturelle Bildung?
Für die Förderung von Kultureller Bildung (in genau diesem Begriff) machen sich nur vier Parteien stark: CDU/CSU, SPD, BSW und Volt. Besonders ausführlich widmet sich Volt diesem Thema und macht konkrete Vorschläge zur Umsetzung.
Wer fördert?
Dass Kultur auf Förderung angewiesen und diese Aufgabe des Staates ist – darin sind sich CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, LINKE, BSW und Volt einig. In der Schwerpunktsetzung unterscheiden sich die Parteien jedoch. Die Bundeskulturfonds möchten SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhalten bzw. ausbauen. CDU/CSU und SPD nennen zusätzlich die Kulturstiftung des Bundes als Förderinstrument. LINKE und Volt betonen die Notwendigkeit, Länder und Kommunen mit ausreichen Mitteln zur Kulturförderung auszustatten. Die LINKE will zudem das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern abschaffen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die LINKE betonen, dass Förderungen Vielfalt abbilden und sollten. AfD und BSW sprechen sich explizit gegen politische Vorgaben bei der staatlichen Förderung aus.
CDU/CSU wünscht sich wirtschaftliche Eigenverantwortung von Kulturorten: „KulturSponsoring, Mäzenatentum und Wirtschaftskooperationen müssen selbstverständlicher Bestandteil im Management moderner Kultureinrichtungen sein." Für die Stärkung der Kultur- und Kreativwirtschaft - unter anderem durch Steueranreize - spricht sich explizit auch die SPD aus.
Soloselbstständige absichern?
Die Verbesserung der sozialen Lage von Soloselbstständigen in Kunst und Kultur ist mit SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, LINKE, BSW und Volt dem Großteil der Parteien ein Anliegen. Als ein zentrales Instrument wird die Künstlersozialkasse hervorgehoben, die SPD „ausbauen“ möchte, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „zukunftsfest machen“ und die LINKE „für weitere Berufsgruppen öffnen“ will. Das BSW „fordert deren Reformierung“ und Volt erklärt explizit die „Stärkung der Sozialversicherung für Kunstschaffende“ und fordert eine Erhöhung des Bundeszuschusses auf 25 Prozent.
Die Notwendigkeit von Basishonoraren bzw. einer Honoraruntergrenze, wie sie der BFDK bereits seit 2015 vertritt, sehen LINKE und Volt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen diese zumindest – wie 2024 eingeführt - für die Bundesförderung weiterführen. Im Dialog mit Institutionen und Förderern sollen „gute finanzielle Rahmenbedingungen für deren Umsetzung“ erarbeitet werden.
Wo sind die (Freien) Darstellenden Künste?
Die (Freien) Darstellenden Künste werden von keiner der Parteien im Wahlprogramm explizit benannt. Besondere Bedeutung wird anderen Kunstsparten bzw. Teilmärkten der Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) zugesprochen. Besonders stark: Games. Diesen Zweig der KKW wollen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN besonders fördern, die FDP möchte ihn zumindest als Teil der Kultur verstanden wissen. CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich ebenso für eine verstärke Filmförderung ein und wollen Clubs als Kulturorte stärken.
Wo bleibt die Nachhaltigkeit?
Nur BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erwähnen das für die Freien Darstellenden Künste wichtige Thema Nachhaltigkeit in Zusammenhang mit der Kulturpolitik. Sie verweisen auf die von ihnen gegründete Green Culture Anlaufstelle, die auf dem Weg in den nachhaltigen Betrieb unterstützen soll.
Disclaimer
Die Analyse bezieht sich ausschließlich auf die Abschnitte zur Kultur in den Wahlprogrammen der Parteien. Andere Quellen wurden nicht einbezogen. Außerdem handelt es sich bei dieser Aufstellung nicht um eine Wahlempfehlung. Um eine fundierte Wahlentscheidung zu treffen, empfehlen wir, die gesamten Programme der Parteien zu betrachten.
Zu den Wahlprogrammen
• CDU/CSU: https://www.cdu.de/app/uploads/2025/01/km_btw_2025_wahlprogramm_langfassung_ansicht.pdf
• SPD: https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Programm/SPD_Programm_bf.pdf
• BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: https://cms.gruene.de/uploads/assets/Regierungsprogramm_DIGITAL_DINA5.pdf
• FDP: https://www.fdp.de/sites/default/files/2024-12/fdp-wahlprogramm_2025.pdf
• AfD: https://www.afd.de/wp-content/uploads/2025/02/AfD_Bundestagswahlprogramm2025_web.pdf
• LINKE: https://www.die-linke.de/fileadmin/user_upload/Wahlprogramm_Langfassung_Linke-BTW25_01.pdf
• BSW: https://bsw-vg.de/wp-content/themes/bsw/assets/downloads/BSW%20Wahlprogramm%202025.pdf
• Volt: https://voltdeutschland.org/storage/assets-btw25/volt-programm-bundestagswahl-2025.pdf
Titelfoto: Dan Dennis via unsplash